Kein Hunger

Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

Obwohl genügend Lebensmittel für alle Menschen weltweit produziert werden, gibt es noch  immer 800 Millionen Menschen, die chronisch unterernährt sind. Extreme Situationen wie längere Dürreperioden oder Umweltkatastrophen führen zum Misserfolg von Nutzpflanzen und führen zudem zu Nahrungsmittelknappheit. In vielen Industrieländern, wie z.B. in Österreich, geht es in der Lebensmittelproduktion eher um Qualität als um Quantität. Ernährungsbedingte Gesundheitsprobleme wie Adipositas und Diabetes nehmen zu, weil sie durch Überernährung oder den Verzehr nicht nahrhafter Lebensmittel verursacht werden.

Bis 2030 sollten alle Menschen Zugang zu sicheren und nahrhaften Lebensmitteln haben, und die Unterernährung sollte beseitigt werden. Die Landwirtschaft sollte umgestaltet werden, um die Bodenqualität zu verbessern und die Funktionen des Ökosystems zu schützen. Die genetische Vielfalt von Saatgut, Nutzpflanzen, Nutztieren, Haus- und Wildtieren sollte erhalten bleiben. Darüber hinaus sollten die landwirtschaftlichen Praktiken in den Entwicklungsländern durch internationale Zusammenarbeit verbessert werden.

Taru Sandén

1. In welchem Bereich der Wissenschaft arbeiten Sie?

Ich arbeite mit agrarwirtschaftlichen Bodenfunktionen, genauer gesagt mit der Zersetzung von organischem Bodenmaterial in agrarwirtschaftlichen Bodensystem sowie mit der Primärproduktion des Bodens.

2. Was fasziniert Sie am meisten am Thema Boden?

Fast 100% von unserer Nahrung kommen vom Boden, trotzdem kennen nur sehr wenige Leute die Wichtigkeit vom Boden um uns herum an. Der Boden hat eine ungeheure Fähigkeit, um uns mit einer Kombination von Bodenfunktionen und wertvollen Ökosystemleistungen zu versorgen.

3. Wie sind Sie WissenschaftlerIn geworden?

Als Kind und Teenager war ich ein aktives Mitglied bei den Pfadfindern. Ich habe es schlicht geliebt, meine Zeit draußen im Wald während der Sommer- und Wintercamps zu verbringen. Nach der Schule habe ich einige Jahre in einem Restaurant gearbeitet, bin oft gereist und habe darüber nachgedacht, was ich studieren will und über was für eine Art von Beruf ich träume. Es war mir klar, dass ich mit Umweltthemen arbeiten und im Ausland studieren will. Während meines Studiums in Schweden habe ich begonnen, mich für das Thema Verschmutzung zu interessieren und in Island hatte ich die Chance, mit Polychlorbiphenyl (PCB) - und ölverschmutzten Böden zu arbeiten. Das hat mir gezeigt, wie viele wissenschaftliche Fragen noch beantwortet werden müssen, bevor man eine angemessene Methode für die Säuberung finden kann und wie unglaublich aufregend dieser Job ist. Während ich an meinem zweiten Masterabschluss gearbeitet habe, wusste ich, dass ich weiterhin in der Forschung arbeiten und mir mein internationales Netzwerk weiter ausbauen möchte.

4. Was würden Sie Ihrem 14-jährigen Selbst über Ihre Berufswahl sagen?

Habe keine Angst davor zu träumen und Fragen zu fragen! Es ist wichtig, dass du dir Zeit nimmst zu überlegen, mit was du arbeiten möchtest, in welchem Land oder in welcher Arbeitsumgebung du arbeiten möchtest. Es ist wichtig neue Dinge auszuprobieren und dich selbst herauszufordern! Das Ergebnis ist vielleicht ganz anders als du dir es am Anfang erwartet hast, aber auch das ist eines der Kernstücke der Wissenschaft. Wir forschen um zu lernen und um neue Ideen zu entdecken. Sei offen und probiere auch verschieden Karrierewege aus, du weißt als 14-Jährige einfach oft noch nicht, was sich dein 36-jähriges Ich erträumt!

5. Was sind die größten Herausforderungen an Ihrer Arbeit?

Wissenschaft verständlich aufzubereiten für die allgemeine Öffentlichkeit, für die verschiedenen Interessen. Ich arbeite am meisten mit LandwirtInnen und Schulen zusammen, welche mir sehr am Herzen liegen und einen Großteil meiner Forschung ausmachen, jedoch bleibt das für mich eine Herausforderung aufgrund der sprachlichen Barriere. Ich bin ursprünglich aus Finnland, spreche Zuhause Schwedisch und spreche hauptsächlich auf Englisch bei der Arbeit und mit meinen besten FreundInnen. Um mit meinen wichtigsten Interessensgruppen zu kommunizieren, muss ich Deutsch sprechen und ich bin noch eine Beginnerin. Dank meiner wunderbaren KollegInnen und MitarbeiterInnen bekomme ich genug Hilfe für diese wichtige Aufgabe. Einerseits heißt das, dass ich mir ein bisschen mehr Zeit für die deutsche Kommunikation nehmen muss. Andererseits heißt das auch, dass sich für mich neue Türen geöffnet haben, die sich vielleicht nicht geöffnet hätten, wenn meine Muttersprache Deutsch wäre.

6. Haben Sie während Ihrer Karriere jemals Schwierigkeiten gehabt, die mit Ihrem Geschlecht oder Ihrer ethnischen Zugehörigkeit zusammenhingen?

Ich habe keine großen Schwierigkeiten aufgrund meines Geschlechts oder meiner ethischen Herkunft gehabt, vor allem wegen der Gleichberechtigung in der Bildung in nordischen Ländern. Ich habe meinen ersten Universitätsabschluss in Schweden, meinen Master und Doktor in Island gemacht. Wenn man eine seltene Muttersprache hat, so wie Finnisch, dann ist man automatisch gefragt, weitere Sprachen zu lernen, auch um das Leben im Ausland zu erleichtern.
Ich hatte großes Glück, von exzellenten weiblichen Wissenschaftlerinnen betreut zu werden. Sie haben mir gezeigt, dass es nicht wichtig ist, was für ein Geschlecht man hat, sondern dass es wichtig ist, überzeugt, begeistert und neugierig in den eigenen Forschungsbereichen zu sein. Außerdem haben sie mich unterstützt und motiviert in anderen Instituten und Laboren inner- und außerhalb der nordeuropäischen Staaten zu arbeiten, was mich die vorhandenen Karrieremöglichkeiten in Europa sehr schätzen ließ.

7. Hatten Sie bisher Wissenschaftlerinnen als Vorbilder in Ihrem Aufgabenbereich?

Ja.
Rachel Carsons Buch „Der stumme Frühling“ hat mich auf die Umweltverschmutzungen aufmerksam gemacht und ich bin neugierig geworden, was man dagegen tun kann. Rannveig Anna Guicharnaud hat so eine enthusiastische Vorlesung über Boden während meines Austauschjahres in Island gehalten, dass ich sie danach gefragt habe, ob sie die Betreuerin für meine Masterarbeit werden kann. Kristín Vala Ragnarsdóttir und Guðrún Gísladóttir haben mich beide während meiner Doktorarbeit betreut. Kristín Vala Ragnarsdóttir hat mich fasziniert mit ihrer Leidenschaft, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Guðrún Gísladóttir hat mich begeistert mit ihrer Stärke und ich bewundere ihr Wissen über die Änderungen in der Vegetation von Island. Heide Spiegel hat mir die Wichtigkeit von landwirtschaftlichen Langzeitprojekten gezeigt und hat mich inspiriert, eigene Ideen zu kreieren, wie diese bedeutsamen Forschungseinrichtungen erhalten werden können für die Zukunft. Verena Winiwarters Arbeit fasziniert mich und ich hoffe eines Tages persönlich mit ihr sprechen zu können.

8. Was motiviert Sie in Ihrer Arbeit am meisten?

Meine Motivation kommt von den Versuchen, praktische Lösungen für die zukünftige Landwirtschaft zu finden. Ich genieße es, anhand angewandter Wissenschaft mit verschiedenen Interessengruppen zusammenzuarbeiten wie mit LandwirtInnen und der Öffentlichkeit. Sie sind Schlüsselgestalten, um die wissenschaftliche Arbeit zu ermöglichen. Selbst wenn ich eine wissenschaftliche Methode finde für eine bestimmte Frage, brauche ich trotzdem die ganzen LandwirtInnen, um die agrarwirtschaftlichen Methoden in großem Rahmen zu untersuchen. Bei der Zusammenarbeit kommen neue Ideen und Fragen auf und man kriegt ein besseres Verständnis dafür, was gefragt ist, bevor eine Veränderung stattfindet.

9. Was ist die größte Herausforderung beim Erreichen von SDG2 „Kein Hunger“ und wie kann Ihre Arbeit dabei helfen, diese zu lösen?

Große Herausforderungen, um das Ziel „Kein Hunger“ zu erreichen, sind die Verteilung von Nahrungsmitteln und Nahrungsmittelabfällen als auch das Dilemma um den Wettkampf der Landnutzung.
In dem EU-Projekt LANDMARK bin ich verantwortlich für die Bodenfunktion „Primärproduktion“. Wir verwenden vorhandene Daten an Bodeneigenschaften, Umwelt, Ernte und Management, um herauszufinden, was die Primärproduktion fördert und wie man ihr Potenzial durch Management steigern kann. Wir versuchen Antworten zu finden, wie der Boden langfristig gut produzieren kann, anstatt die Bewirtschaftung kurzfristig zu maximieren.
In unseren Langzeitprojekten der AGES untersuchen wir den Unterschied von verschiedenen Managementpraktiken, wie zum Beispiel keine Bodenbearbeitung, Einarbeitung von Ernterückständen oder die Änderung vom Kompost. Diese Arbeit ist entscheidend um zu verstehen, wie die Produktivität nachhaltig gesteigert werden kann durch verschiedene Managementsysteme als auch um zu sehen, was die Kosten und der Nutzen bei den verschieden agrarwirtschaftlichen Systemen ausmachen. Langzeit-Feldstudien sind der Schlüssel, um die Veränderung im Laufe der Zeit zu untersuchen und bieten eine einzigartige Möglichkeit um eine Vielzahl an agrarwissenschaftlichen Fragen zu stellen und zu beantworten.

10. Zeichnen Sie Ihre Forschung/ Ihren Forschungsbereich!


Andreas Bachmair

1. In welchem Bereich der Wissenschaft arbeiten Sie?

Pflanzen-Molekularbiologie


2. Was fasziniert Sie am meisten am Thema Boden?

Dass er das Substrat für Pflanzenwachstum ist


3. Wie sind Sie WissenschaftlerIn geworden?

Aus der Überzeugung, einen nützlichen und interessanten Beruf zu erlernen


4. Was würden Sie Ihrem 14-jährigen Selbst über Ihre Berufswahl sagen?

Man soll sich nicht zu sehr nach Mode-Trends richten.


5. Was sind die größten Herausforderungen an Ihrer Arbeit?

Geld für die Forschung zu organisieren


6. Haben Sie während Ihrer Karriere jemals Schwierigkeiten gehabt, die mit Ihrem Geschlecht oder Ihrer ethnischen Zugehörigkeit zusammenhingen?

Nein


7. Hatten Sie bisher Wissenschaftlerinnen als Vorbilder in Ihrem Aufgabenbereich?

Ja


8. Was motiviert Sie in Ihrer Arbeit am meisten?

Neues zu entdecken, das Innenleben der Pflanzen für den menschlichen Verstand zugänglich zu machen


9. Was ist die größte Herausforderung beim Erreichen von SDG2 „Kein Hunger“ und wie kann Ihre Arbeit dabei helfen, diese zu lösen?

Es gibt eine Balance zwischen Nahrungsmittel-Produktion und menschlicher Reproduktion (Bevölkerungszuwachs). Im Moment ist es politisch inkorrekt, das zweite Thema auch nur anzusprechen. Insbesondere Religionsgemeinschaften und deren Vorschriften sind hier ein Hindernis. Eine Lösung des Hunger-Problems muss alle Parameter berücksichtigen, Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion oder Änderung der Essgewohnheiten (Verzicht auf Fleisch etc.) alleine wird nicht ausreichen.
Meine Arbeit betrifft/verbessert die Herstellung gesunder und ausreichender pflanzlicher Nahrungsmittel, eine Bedingung für das friedliche globale Zusammenleben und für ein gesundes Leben.